Essen und Emotionen

Essen und Emotionen

Beim Essen geht es nicht einfach um Nahrungsaufnahme. Essen hat etwas mit Gefühlen zu tun wie z.B. mit Genuss und Belohnung, aber auch mit Gewohnheiten unbewussten Mustern aus der Kindheit wie z.B. „Teller leer essen“.

Beginnen wir mit dem Nachdenken, eine oft vernachlässigte wichtige Grundlage beim Thema Abnehmen und Figur. Gerade das Nachdenken über die Gründe, warum wir essen und warum wir manchmal zu viel essen, ist eine Grundvoraussetzung, um das Problem in den Griff zu bekommen. Essen ist nicht einfach Nahrungsaufnahme, Essen ist etwas Emotionales. Essen ist mit positiven Gefühlen wie Genuss, sich etwas Gutes tun, sich Zuwendung schenken verbunden, Pausen machen, sich in schöner Atmosphäre etwas gönnen. Es hat zudem eine soziale Komponente, denn Essen geniessen wir oft in Gemeinschaft mit anderen, unterhalten uns, pflegen Beziehungen. Essen hat jedoch auch eine negative emotionale Komponente. Wir essen, um Frustrationen, Stress und Enttäuschungen im wahrsten Sinne des Wortes herunterzuschlucken und zu verdauen. Wir wollen etwas für unser Bauchgefühl tun – und tun doch das Falsche. Wir wollen etwas Negatives verdauen und tragen mit unserem Verhalten genau dazu bei, dass sich vieles Unverdaute ansammelt. In diesen Situationen essen wir in der Regel schnell, zu schnell, um das Essen geniessen zu können. Also müssen wir noch mehr essen, um das Gefühl, sich etwas Gutes zu tun, zu spüren. Dann stellt sich das schlechte Gewissen ein und mahnt uns ab für unser Fehlverhalten. „Jetzt ist es ja eh egal“, sagen wir uns. So geraten wir in einen Teufelskreis. Aus Frust darüber, dass wir es nicht geschafft haben, uns zu kontrollieren, essen wir mehr oder verschieben den Vorsatz, weniger zu essen, auf morgen. Dies kann zudem dazu führen, dass das Projekt „Morgen starte ich mit einer Diät“ permanent wie ein Damoklesschwert über uns hängt und wir uns prophylaktisch heute – nur noch heute – ein paar besondere Leckerbissen gönnen, denn ab morgen machen wir ja Diät. Bloss kommt uns morgen dann doch wieder etwas dazwischen. Wir verschieben unsere Diät wieder, werden noch frustrierter und resignieren schliesslich. Sich diesen Mechanismus bewusst zu machen und darüber nachzudenken, was genau der eigentliche Auslöser unseres schlechten Gefühls ist, stellt einen wichtigen Schritt zur Lösung des Problems dar. In Frust- und Stresssituationen zu essen, ist für uns die schnelle und einfache Lösung. Aber eine Scheinlösung, die wiederum neue Probleme mit sich bringt.

Essen und Muster aus der Kindheit

Perfektionsdruck und Essen als Kompensation für negative Gefühle und Stress sind wichtige Gründe dafür, dass wir mit unserer Figur permanent auf Kriegsfuss stehen. Hinzu kommt, dass Ernährungsgewohnheiten stark an Muster aus der Kindheit und erlernte Verhaltensweisen gekoppelt sind. Nicht ohne Grund haben dicke Eltern oft dicke Kinder. Bestimmte Speisen schmecken uns, weil wir gelernt haben, dass sie uns schmecken.

Wohl ernährt und rund = gesund

Die Generation unserer Mütter gehörte zum einen zur Tradition der eher bodenständigen und deftigen Küche. Zum anderen war sie noch gekennzeichnet von den Entbehrungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre respektive von der Zeit des Wirtschaftswunders. Gut genährt zu sein und genug und gut zu essen, stand für den Wohlstand des aufstrebenden Bürgertums. Wenn Besuch kam, wurde ordentlich aufgetischt. Schliesslich bezogen Frauen ihre Anerkennung zu dieser Zeit aus der Hausarbeit, weil sie in der Regel keiner Berufstätigkeit nachgingen. Entsprechend hatte das Essen einen hohen Stellenwert in der Familie, weil Mütter daraus ihre Anerkennung bezogen, dass es allen besonders gut schmeckte und viel gegessen wurde.

Eine gute Mutter hatte gut genährte Kinder. Schon damals kamen Gesundgetränke wie „Rotbäckchen“ auf, auf dessen Etikett ein properes und pausbäckiges Mädchen mit Kopftuch prangt. Paradoxerweise steht „Rotbäckchen“ dank seines Retro-Images auch heute wieder im Regal.

Essen wegwerfen ist Sünde

Daneben galt, als Konsequenz des Wissens um die Entbehrungen der Kriegsjahre oder als damals noch gängiges christliches Prinzip, dass der Teller leer gegessen wird und man keine Lebensmittel wegwirft. Brot wegzuschmeissen war eine Sünde. Unbewusst leben wir auch als erwachsene und reife Frau immer noch nach solchen Mustern. Gerade die Tatsache, dass diese Dinge unbewusst ablaufen, machen sie nur schwer fassbar. Wie oft hast du schon gedacht: „Das muss ich jetzt noch essen, sonst wird es ja schlecht.“? Ein typischer Rückfall in dieses Muster der Kindheit. Die erwachsene Haltung einer reifen Frau ist: „Ich entscheide nach meinem Bedürfnis, was ich esse und was nicht. Wenn etwas schlecht wird oder etwas übrig bleibt, dann schmeisse ich es weg: weil ich es mir wert bin. Ich bin kein Resteverwerter und kein Mülleimer.“

Natürlich soll dies kein Aufruf dazu sein, hemmungslos Lebensmittel wegzuschmeissen. Es ist bedenklich genug, dass in den Industrieländern tagtäglich 50 % der Nahrung auf dem Müll landet. Insofern sollte man realistisch seinen Bedarf kalkulieren. Du löst das Problem jedoch nicht, indem du persönlich etwas isst, das du eigentlich gar nicht essen willst, sondern es nur tust, damit es nicht verkommt. „Es ist schade, wenn dieses Lebensmittel verkommt“, sagst du dir vielleicht und „entsorgst“ es in deinem Bauch. Ich habe das selbst jahrelang so gemacht, unbewusst. Ändere deine Perspektive und sag dir: „Ich bin mir zu schade, um dieses Lebensmittel zu entsorgen. Ich möchte es nicht auf den Hüften haben.“ Wenn etwas auf deinem Teller bleibt, dann frag dich konsequent, ob du das jetzt wirklich noch essen möchtest oder es nur isst, weil es da ist. Zeige Stil und Contenance und lass das auf dem Teller, was dir nicht 100% das Gefühl von Genuss erzeugt – und zudem zu unschönen Pölsterchen an Bauch und Hüften führt.

 

Denkfehler beim Abnehmen