Ich habe mich dreieinhalb Jahre vegan ernährt. Bereits vor gut 10 Jahren, ich war damals 48, habe ich mit eiweissbetonter Ernährung nachhaltig 6 Kilo abgenommen und dieses Gewicht halte ich. Damals ass ich noch tierisches Eiweiss, dann einige Jahre nur noch pflanzliches Eiweiss. Beides funktioniert nach meiner Erfahrung zum Abnehmen und Gewicht halten. Ich habe deshalb hier bewusst allgemein formuliert, damit du dich sowohl als „Normal-Esserin“ als auch als Veganerin daran halten kannst, da ich diese Regeln schon vor der Phase meiner veganen Ernährung erfolgreich praktiziert habe.
Mein Fazit nach 10 Jahren des Experimentierens: vegaflexe Ernährung. Das heisst überwiegend pflanzlich (70%), aber auch ab und tierisches Eiweiss (30%). Ich esse in der Regel pro Tag zwei Mahlzeiten vegan und eine Mahlzeit mit tierischem Eiweiss.
Die zehn Erfolgsregeln
- Regel 1: Eiweissanteil erhöhen und am Abend stärkehaltige Kohlehydrate (Sättigungsbeilagen) weglassen (z.B. nur Tofu/Fisch/Seitan/Fleisch/Ei und Gemüse wählen). Auf magere Eiweisssorten wie Geflügel und mageres Fleisch setzen und auf Fertigprodukte wegen der vielen Zusatzstoffe ganz verzichten. Pflanzliches Eiweiss wie Tofu oder Seitan ist zwar sowieso fettarm, allerdings ebenfalls nicht in den verarbeiteten Formen wie Tofu-Würsten oder Burgern. Im Zweifelsfall ist allerdings die Kombination von Fett und Eiweiss unproblematisch – im Gegensatz zur Kombination Fett und Kohlehydrate (Süsswaren, Kuchen, Frittiertes mit Ketchup oder Mayonaise).
- Regel 2: Bunt und mit viel Gemüse essen, und zwar in der ganzen farblichen Vielfalt. Beim Gemüse kannst du nicht zu viel essen, sondern iss so viel, wie du magst. Vorausgesetzt, du isst das Gemüse knackig angebraten mit etwas gutem Öl oder als Rohkost. Kartoffeln, Süsskartoffeln und Hülsenfrüchte wie Erbsen, Kidneybohnen, Linsen oder Kichererbsen hingegen zählen nicht als Gemüse, weil sie stärkehaltig sind. Du kannst sie mittags als gute Eiweissquellen einsetzen, nicht jedoch am Abend, weil sie neben Eiweiss auch eine ordentliche Portion Kohlehydrate enthalten. Beim Obst nicht übertreiben, weil es viel Fruchtzucker enthält. Vor allem ist Zurückhaltung bei süssem bzw. stärkehaltigem Obst wie Bananen oder Mangos geboten. Abends Obst lieber weglassen. Akzeptabel sind Beeren (Heidelbeeren, Erdbeeren, Johannisbeeren, Brombeeren), weil sie verhältnismässig wenig Fruchtzucker resp. Kohlehydrate enthalten. Wenn du – z.B. im Restaurant unbedingt abends ein Dessert möchtest und du nicht vegan isst, dann statt einem süssen Dessert lieber Käse wählen, natürlich ohne Brot (Kohlehydrate!). Veganer Käse ist übrigens keine Alternative, da er neben reichlich Zusatzstoffen nur Fett und praktisch kein Eiweiss enthält. Oder du nimmst ein Naturjoghurt mit etwas echter Bourbonvanille (keinen Vanillezucker) oder Zimt. In der veganen Variante nimmst du z.B. Sojajoghurt mit Zimt und Vanille, ohne Zucker. Ein guter Trick gegen den Impuls, nach dem Essen noch etwas Süsses als Dessert zu nehmen: gleich nach dem Essen die Zähne putzen. Das hilft
- Regel 3: Nur drei Mahlzeiten essen und absolut nichts zwischendurch zu sich nehmen, ausser Wasser, Tee, Kaffee ohne Milch und Zucker. Nicht hungern, sondern regelmässig und ausreichend essen, so dass du dich satt fühlst und eben zwischen den Mahlzeiten nicht in Versuchung kommst, etwas zu essen. Zwischenmahlzeiten treiben den Insulinpegel wieder in die Höhe und behindern so den Fettabbau.Süssgetränke ganz weglassen, Fruchtsäfte nur in kleinen Mengen und nur zu den Mahlzeiten, aber nicht abends wegen der Kohlehydrate. Wenn das Gewicht stabilisiert ist, kannst du dir ruhig pro Tag nach dem Mittagsessen eine kleine Ration Süsses gönnen, z.B. dunkle Schokolade mit mindestens 70 % Kakaoanteil. Das darin enthaltene Serotonin sorgt für ein gutes Gefühl. Auf Haushaltszucker bitte ganz verzichten und stattdessen Reis- oder Agavensirup bzw. Birkenzucker verwenden, weil dadurch der Insulinpegel nicht so ansteigt. Inzwischen gibt es auch ein breites Angebot von Marmeladen und Brotaufstrichen, die mit Agavensirup gesüsst sind (z.B. von „Zwergenwiese“ im Bioladen). Mein Favorit zum Süssen ist Erythrit, denn das ist die kalorienneutrale Variante. Im Handel ist Erythrit unter der Bezeichnung Sukrin, Erythritol, Sucolin (gibt es im Reformhaus und in Drogerien). Erythrit ist kalorienneutral und hat keinen Beigeschmack wie Stevia.
- Regel 4: Gutes Fett verwenden
Auf Butter oder Margarine beim Brotaufstrich verzichten, allerdings ohne das Brot dann mit der doppelten Menge Aufschnitt zu belegen, bzw. wenn, dann mageres Geflügel oder Hüttenkäse. Statt Butter besser viel Magerquark oder Sojaquark verwenden. Ich esse morgens ein Vollkornbrötchen mit Marmelade und ordentlich (Soja)-Quark obendrauf. Denk dran: Eiweiss macht satt. Wenn du vegan isst, kannst du auch Cashewmus oder Mandelmus als Brotaufstrich wählen, z.B. mit etwas Tomatenpüree obendrauf. Oder eine halbe Avocado pürieren und würzen, z.B. mit Kala Namak, dann schmeckt es wie Ei.
Zum Braten nimmst du am besten Rapsöl oder Kokosöl. Olivenöl und andere kaltgepresste Öle wie Hanföl oder geröstetes Sesamöl dürfen nicht stark erhitzt werden. Du kannst sie für Salatsossen verwenden oder sie am Schluss hinzufügen, z.B. wenn du das Gemüse im Steamer gemacht hast.
- Regel 5: Langsam essen und sich keinen schnellen Impulsen hingeben, damit der Verstand nicht ausgeschaltet wird. Wenn du ausgehungert von der Arbeit kommst und das Gefühl hast, ganz schnell etwas essen zu müssen, erst einmal ein grosses Glas Wasser trinken und sich dann einen Moment hinlegen. Vermutlich hat dein Körper vor allem ein Bedürfnis nach Ruhe und Regeneration, das er gewohnheitsmässig an Essen koppelt. Wenn es nicht anders geht bzw. der Hunger doch so gross ist, dann Gemüsesticks oder ein paar Nüsse wählen. Von Gemüsesticks kann man kaum zu viel essen und sie wirken sich auf dem Kalorienkonto wenig belastend aus. Natürlich nur, wenn du sie nicht mit Dips aus Mayonaise isst, sondern mit einem selbstgemachten Joghurt-Dip. Vorsicht mit Nüssen. Das sind sehr wertvolle Eiweissquellen, aber davon isst man wegen des hohen Fettanteils leicht zu viel. Also nicht mehr als 10 Stück auf ein Mal.
- Regel 6: Wählerisch sein! Nicht essen, weil es dir angeboten wird oder weil es einfach da ist.
Schalte dein Gehirn ein und frag dich: „Will ich diesen Kuchen wirklich essen oder will ich jemandem, der es mir anbietet, damit einen Gefallen tun und Anerkennung schenken?“ Du verfällst sonst wieder in das erworbene Muster der Kindheit, alles aufessen zu müssen oder deine Anerkennung darin auszudrücken, dass du artig aufisst. Sage dir bzw. der Person, die dir den Kuchen anbietet, stattdessen: „Ich bin sicher, dass dieser Kuchen wunderbar schmeckt. Es ist allerdings so, dass ich grundsätzlich nichts zwischen den Mahlzeiten esse und am Abend keine Kohlehydrate esse.“
Im Restaurant und Hotel besonders wählerisch sein. Statt sich von der Vielfalt der angebotenen Speisen verführen zu lassen, selbst die Kontrolle behalten und auswählen: „Welche von den angebotenen Speisen schmeckt so gut, dass sie meine Ansprüche an Essen befriedigt?“ Nicht essen, weil das Essen da ist und lecker aussieht, z.B. an einem Buffet. Gehirn einschalten und sich fragen: „Möchte ich dieses Croissant tatsächlich nachher auf meinen Hüften haben?“ Allerdings sich auch bewusst Dinge gönnen, die du wirklich gerne isst, auch wenn sie nicht gerade kalorienarm sind. Nur weil du mal eine Kugel Eis oder ein Stück Kuchen isst, wirst du nicht am nächsten Tag zwei Kilo mehr wiegen. Wenn du also am Abend bei einer Einladung oder im Restaurant ein besonders leckeres Dessert siehst, dann frag dich: „Ist dieses Dessert tatsächlich so lecker, dass der Genuss grösser ist als der Nachteil, etwas sehr Kalorienreiches zu essen?“ Kannst du die Frage bejahen, dann iss und geniesse das Dessert in dem Bewusstsein, dass du dir damit etwas Gutes tust. Stellst du beim Essen jedoch fest, dass es wider Erwarten doch nicht so gut schmeckt, wie du dachtest, dann lässt du es ungeniert liegen. Ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, dass etwas zwar sehr lecker aussah, dann aber gar nicht so gut schmeckte, z.B. weil es zu süss war. Dann lasse ich es stehen. Denke daran: Du bist keine Resteverwerterin und musst nicht aufessen. „Ich bin mir zu schade, Sachen zu essen, die mir nicht 100% schmecken. Mittelmässig ist mir zu wenig.“ Immer denken:“ Alles, was ich zu mir nehme, macht mich gesund und schön.“
- Regel 7: Das Essen geniessen und immer für ein schönes Setting sorgen.
Auf Kantinenessen und Snacks im Vorbeigehen ganz verzichten. Wenn es nicht anders geht, beim Kantinenessen auf Rohkost und Gemüse setzen. Ansonsten auf höchste Qualität achten: „Weil ich es mir wert bin!“ Sei anspruchsvoll und perfektionistisch im Hinblick auf deine Ernährung. Bevorzuge Bioprodukte. Dies gilt vor allem, wenn du Fleisch isst. Wenn schon, dann bitte nicht vom gequälten Tier aus Massentierhaltung.
- Regel 8: Fertigprodukte meiden, denn sie sind in der Regel mit einer Vielzahl von Zusatzstoffen, Geschmacksverstärkern, Fett und Zucker angereichert. Das gilt auch für vegane und für Bio-Produkte. Lies dir immer die Zutatenliste durch, wenn du ein Lebensmittel kaufst. Wenn ein Produkt eine lange Zutatenliste hat und zudem so unschöne Dinge wie Glucosesirup (Zucker!!) und Palmfett enthält, lass es liegen.
- Regel 9: Viel Wasser trinken und Milchgetränke mit Kaffee meiden. Milch (Pflanzenmilch) ist kein Getränk, sondern allenfalls Nahrung. Denke an den alten Spruch: „Schwarzer Kaffee macht schön.“ Das stimmt durchaus, weil schwarzer Kaffee sich zudem verdauungsfördernd auswirkt und morgens den Stoffwechsel anregt. Wenn es denn unbedingt Latte Macchiato sein muss, dann nur zum Frühstück. Latte Macchiato nach dem Essen zu trinken, ist übrigens sowieso stillos. Kein Italiener würde das tun.
- Regel 10: Jeden Tag auf die Waage, damit du die Kontrolle behältst, im wahrsten Sinne des Wortes. Mach dir nichts vor und sieh der Realität ins Auge. Bleib jedoch entspannt, wenn das Gewicht mal ein Kilo mehr ist. Das sind normale Gewichtsschwankungen, die auch durch Wassereinlagerungen zustande kommen. Ich wiege z.B. oft ein Kilo mehr, wenn ich am Tag vorher einen Long Jog gemacht habe oder Krafttraining.