Gefangen im Diätendschungel? Ein Überblick.
Mit jedem Frauenmagazin, das wir in die Hand nehmen, mit jedem Blick in das Angebot von Büchern zum Thema „Diät und Abnehmen“ werden wir mit einer verwirrenden Anzahl von neuen und garantiert wirksamen Diätmethoden konfrontiert. Diese Methoden haben gediegene Namen wie „Metabolic Balance“, „Schlank im Schlaf“, „Glyx-Diät“ oder „Fit for fun-Diät“ und berufen sich darauf, von Ernährungswissenschaftlern, Ärzten oder Stoffwechselexperten erfunden worden zu sein. Hinzu kommen die zahlreichen, gerade aktuellen Online-Diätcoach-Plattformen wie z.B. „eBalance“ oder „Brigitte Diät Coach“. Egal wie plausibel und überzeugend die Werbeversprechen und Erfolgsgeschichten dieser Programme auch sind. Allen diesen Methoden gemeinsam ist die Tatsache, dass sie Modelle und damit von Menschen geschaffene Wirklichkeitskonstruktionen sind. Wenn du dich mit der gängigen Literatur beschäftigen, wirst du feststellen, dass sich einige Aussagen dieser Modelle gleichen, andere jedoch völlig widersprechen. Nach einer Methode sollst du fünf Mahlzeiten pro Tag zu dir nehmen, nach anderen nur drei. Nach der einen Methode gibt es morgens nur Kohlehydrate, nach der anderen nur Eiweiss. Und bei beiden Methoden wird schlüssig und plausibel begründet und wissenschaftlich erklärt, warum es unbedingt Kohlehydrate sein müssen oder warum unbedingt Eiweiss und auf keinen Fall Kohlehydrate. Wieder andere Methoden warnen vor Schlacken und führen Übergewicht auf einen unausgeglichenen Säuren-Basen-Haushalt zurück, der durch Rohkost und Früchte saniert werden muss. Die Lösung ist eine entsprechende Kur. Auch vordergründig unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die einen sagen, allein die Energiebilanz zählt, das heisst die Menge an aufgenommenen Kalorien im Verhältnis zur Menge an verbrauchten Kalorien. Andere Studien sagen, dass es nicht auf die Kalorienmenge ankommt, sondern auf die Art der Nahrung. Zu jeder dieser zahlreichen Methoden gibt es umfangreiche Literatur, Ratgeber, Kochbücher, Seminare, Coaches, Online-Beratungen, Blutuntersuchungen, Kliniken. Mit anderen Worten: Jede dieser Methoden strebt nach einer perfekten Vermarktung und entsprechendem Gewinn. Bis du all diese Methoden getestet und herausgefunden hast, was für dich persönlich funktioniert, kannst du also eine Menge Geld ausgeben. Entsprechend liegt auch all diesen Methoden ein entscheidender Denkfehler zugrunde: nämlich, dass es das eine System für alle gibt. Das gibt es jedoch nicht, auch wenn einige Methoden gerade mit diesem Aspekt zu überzeugen versuchen, indem sie vorgeben, dass sie über eine Blutuntersuchung deinen Stoffwechseltyp bestimmen oder herausfinden, was für eine Art von „Verwerter“ du bist. Dass diese Methoden wirken und Menschen damit abnehmen und haben sie der banalen Tatsache zu verdanken, dass Abnehmwillige sich an ein System halten, das sie dazu, veranlasst weniger und bewusster zu essen. Es gilt also, für dich eine Methode zu finden, die deinen persönlichen Bedürfnissen, deinen Vorlieben und deiner Lebenssituation entgegenkommt. Alle Methoden, die mit radikalem Verzicht verbunden sind, kannst du schon mal ausschliessen. Das Gleiche gilt für Diäten, die darauf basieren, angeblich schlankmachende Lebensmittel zu essen wie z.B. Ananas oder Papaya, deren Enzyme Kohlehydrate oder Eiweiss verbrennen sollen. Es gibt weder schlankmachende Lebensmittel noch Wunderpillen, die einen solchen Effekt hätten. Diäten im engeren Sinne führen, wie tatsächlich oft belegt, nur zu kurzfristigem Erfolg und zu langfristiger Frustration durch den Jo-Jo-Effekt. Das Geld für solche Wundermittel und die Entbehrung von Crash-Diäten kannst du dir also effektiv ersparen. Gehe das Ganze entspannt an und suche nach einem System, von dem du denkst, das es zu dir passt und das du langfristig verfolgen kannst, weil es Nahrungsmittel beinhaltet, die dir schmecken und die dich satt machen und Essensgewohnheiten, die für dich praktikabel sind. Um ein solches System zu finden, möchte ich dir einen kurzen Überblick geben und Licht in den Diätendschungel bringen – und dann mein Konzept der veganen Ernährung vorstellen.
Metabolic Balance
Eiweisslastig, bringt daher schnellen Erfolg. Zum Programm gehört ein Bluttest, der angeblich ermittelt, welche Nahrungsmittel zu einem passen und welche nicht bzw. wo man Mangelerscheinungen hat. Diesen Bluttest muss man zusätzlich bezahlen, ansonsten gehört zur Methode, dass man fünf Sitzungen mit einer MB-Beraterin/einem Berater hat. Die Blutwerte werden dann von dem Berater eingeschickt und man bekommt einen individuellen Plan. Tatsächlich sehen diese Pläne aber vom Nahrungsmittelspektrum her weitgehend gleich aus. In der Regeln isst man morgens 190 g Joghurt plus eine Frucht (ausser stärkehaltige Sorten wie Bananen), mittags 135 g Fleisch, Geflügel oder Fisch plus 135 g Gemüse (ausser stärkehaltige Sorten), abends das Gleiche. Die erste Phase ist hart. Man muss zwei Entlastungstage machen (nur Früchte oder Brühe) und abends Glaubersalz trinken. Dann muss man zwei Wochen lang komplett auf stärkehaltige Kohlehydrate wie Brot, Pasta, Reis verzichten sowie auf die Zugabe von Fett zum Zubereiten der Speisen oder bei Salatsossen. Nach den ersten zwei strengen Wochen wird der Plan etwas gelockert, Fett zum Zubereiten ist wieder erlaubt. Die Methode gibt zehn Regeln vor, an die man sich halten soll. Unter anderem soll man nicht bei einer Mahlzeit verschiedene Eiweisssorten kombinieren und jede Mahlzeit mit einem Bissen der eiweisshaltigen Speise beginnen. Gegessen werden nur drei Mahlzeiten am Tag, dazwischen liegen fünf Stunden Pause, in denen man nichts essen darf und sich beim Trinken sich auf stilles Wasser beschränken soll. Alles, was Geschmack hat, also auch Tee und Kaffee, regt nach der MB-Theorie wieder den Insulin-Pegel an und behindert damit den Fettabbau.
Ich habe mit dieser Methode tatsächlich vier Kilo abgenommen. Das Entscheidende ist jedoch, wie man nach der Abnehmphase isst. Wie alle Diäten bringt auch Metabolic Balance nur dann etwas, wenn man seine Ernährung grundsätzlich umstellt. Ich habe weiterhin kohlehydratreduziert gegessen, d.h.am Abend lasse ich stärkehaltige Kohlehydrate wie Pasta, Kartoffeln, Reis grundsätzlich weg und esse nur Gemüse plus pflanzliches Eiweiss (z.B. Tofu oder Pilze).
MB enthält nach meiner Erfahrung Regeln, die allerdings nicht notwendig sind. Die Regeln, dass man keine Eiweisssorte am Tag zweimal essen soll, immer mit dem Eiweissanteil beginnen und zwischendurch auch keinen Kaffee oder Tee trinken soll, haben in der Praxis keinen Unterschied gemacht und ich habe sie weggelassen.
Fazit: Metabolic Balance funktioniert, weil man wegen der fünf persönlichen Beratungssitzungen unter Beobachtung ist und sich sozusagen rechtfertigen muss – und eine rechte Stange Geld dafür bezahlt. Zudem bringt der Verzicht auf stärkehaltige Kohlehydrate schnelle Erfolge, was motivierend ist. Der Vorteil ist auch, dass nicht einfach das Gewicht sinkt, sondern tatsächlich Fett abgebaut wird, was sich in messbaren Erfolgen im Bauch- und Taillenbereich zeigt. Zudem hat man, ausser in den ersten zwei Wochen der strengen Phase, ein gutes Sättigungsgefühl durch den hohen Eiweissanteil.
Nachteil: Sehr eiweisslastig, weil die Diät auf einem hohen Anteil an tierischem Eiweiss basiert: Fleisch, Geflügel, Eier, Fisch, Milchprodukte. Das hat mir auf die Dauer Probleme verursacht, d.h. ich habe immer wieder Bauchkrämpfe und einen total aufgeblähten Bauch gehabt. Da medizinische Abklärungen keinerlei Gründe ergaben (Intoleranz von Laktose, Gluten, Fructose), bin ich schliesslich dazu übergegangen, auf tierisches Eiweiss zu verzichten und mich stattdessen mit pflanzlichem Eiweiss und viel Gemüse vegan zu ernähren. Und endlich war ich die leidigen Bauchkrämpfe los!
eBalance oder ähnliche Online-Coaching-Programme
Der Vorteil: Man macht sich einmal bewusst, was man im Laufe des Tages zu sich nimmt – vorausgesetzt man trägt alles gewissenhaft ein und schummelt nicht. Diese Erfahrung kann recht heilsam sein, da man die Gesamtkalorien der vielen kleinen – durchaus sehr gesunden – Nahrungsmittel, die man im Laufe des Tages zu sich nimmt, erheblich unterschätzt. Aufgrund von persönlicher Angaben wie Gewicht, Alter, Bauchumfang sowie Alltagsaktivität berechnet das Programm den Grundumsatz und gibt einen Kalorienrahmen vor, je nachdem welches Ziel man sich gesetzt hat, d.h. in welcher Zeit man wieviel abnehmen möchte. In der Regel wird dieser Rahmen bei Frauen zwischen 1300 und 1700 Kalorien liegen. Das Programm gibt dann Menüvorschläge, an die man sich allerdings nicht zwingend halten muss. Man trägt jeden Tag ein, was man zu welcher Mahlzeit gegessen hat und behält so die Kontrolle über seine Energiebilanz. Man bekommt auch Tipps, wie man z.B. im Restaurant oder in der Kantine sinnvolle Mahlzeiten auswählt. Die Datenbanken dieser Online-Coaches haben die gängigen Lebensmittel gespeichert. Man kann aber auch eigene Nahrungsmittel eingeben. Am Anfang ist das Führen des Tagesbuchs deshalb mit einem gewissen Aufwand verbunden. Mit der Zeit hat man seine Favoriten gespeichert und das Eintragen geht schneller. Zudem wird man sehr viel bewusster seine Nahrung im Hinblick auf die Tagesbilanz auswählen. Die Programme geben auch Tipps zu sportlichen Aktivitäten, mit denen man dann seinen täglichen Grundumsatz erhöhen kann, weil man auch diese Aktivitäten respektive die damit verbrauchten Kalorien in sein Tagebuch einträgt. Wenn dir also mal nach einem Stück Kuchen ist, dann kannst du es problemlos mit 45 Minuten Joggen kompensieren.
Die Programme bieten in der Regel Expertentipps und Foren zum aktiven Austausch mit anderen an. Oft kann man auch den Expertinnen direkt Fragen stellen.
Ich habe eBalance nach der Abnehmphase mit Metabolic Balance ein halbes Jahr genutzt. Dann hatte ich ein sehr gutes Gefühl für meine Nahrungsaufnahme entwickelt und ich konnte auf die tägliche Eintragerei verzichten.
Fazit:
Ein Online-Coach-Programm eignet sich, wenn du ein einigermassen strukturierter Mensch bist und dich auf diese bewusste Auseinandersetzung mit deiner Nahrungsaufnahme einlassen kannst. In der Regel reicht, ein solches Programm drei Monate zu machen. Danach hat man ein gutes Gefühl dafür entwickelt, welche Lebensmittel wie viele Kalorien haben und wie man auf ein Durchschnittsniveau von 1700 Kalorien kommt, ohne zu hungern.
Fit for Fun
Das Prinzip dieser Methode basiert, wie auch die Brigitte-Diät, auf der Kombination von ausgewogener Mischkost mit reduziertem Fettanteil und sportlicher Aktivität. Es eignet sich daher für Personen, die gern einen klaren Plan dazu bekommen, was genau sie essen täglich sollen und die diese Rezepte dann nachkochen. Wenn man mit der Zeit ein Gefühl für die Zusammenstellung des Tagesbedarfs und ein Bewusstsein für günstige Nahrungsmittel entwickelt hat, kann man sich sein Programm flexibler zusammenstellen. Wichtig ist, dass man weiterhin konsequent auf gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten sowie mageren Eiweissquellen setzt. Und Sport treibt.
Fazit:
Diese Programme eignen sich als langfristiges Ernährungsprinzip im Sinne einer bewussten und gesunden Ernährung in Kombination mit sportlicher Aktivität. Wenn einem dieses Prinzip in Fleisch und Blut übergegangen ist, braucht man keine täglichen Ernährungspläne mehr.
Weight Watchers
Die Grundlage der Methode ist ein Punktesystem für Lebensmittel. Die tägliche Nahrung wird so zusammengestellt, dass eine bestimmte Anzahl von Punkten erreicht wird. Die Punktzahl, die man zu sich nehmen darf, wird von einem Berater errechnet. Im Grunde genommen geht es also auch bei dieser Methode darum, eine günstige Energiebilanz zu erzielen, indem man kalorienarme Lebensmittel zu sich nimmt. Zudem kann man sich in den wöchentlichen Gruppensitzungen motivieren und in gewisser Weise natürlich auch kontrollieren.
Fazit:
Die Methode eignet sich, wenn du dich an ein festes Schema zum Kalorienzählen halten willst. Das mag am Anfang nützlich sein. Was allerdings gar nicht überzeugt, ist die Vermarktung von Light-Produkten unter dem Weight-Watcher-Label. Light-Produkte sind nichts weiter als verwässerte und verdünnte Produkte, die zudem oft noch einen erhöhten Anteil von Zucker und Kohlehydraten enthalten und überteuert sind. Zudem ist es unsinnig, einen Salat oder eine Putenschnitzel als „Weight-Watcher“-Produkt zu kaufen. Mit einem soliden Wissen über Lebensmittel und deren Energiedichte kannst du getrost auf solche Produkte verzichten. Gönn dir lieber natürliche Produkte ohne Zusatzstoffe, vornehmlich Bio, und verzichte auf verwässerte Light-Produkte. Zweifellos bereitet es zudem viel weniger Genuss, synthetisch schmeckendes Light-Joghurt zu essen als ein natürliches Vollmichjoghurt. Hast du schon mal einen fettreduzierten ¼-Fett-Käse probiert? Er schmeckt wie Gummi, nach nichts. Dann lieber gar keinen Käse essen, wenn es keinen Genuss bereitet. Und beim Essen geht es ja eben nicht um reine Nahrungsaufnahme, sondern um den Genuss. Deswegen besteht die Gefahr, dass man mit Light-Produkten permanent um seinen Appetit herumisst und nicht wirklich zufrieden ist, statt eines Light-Joghurts dann zwei isst und schlussendlich mehr Kalorien zu sich nimmt, als wenn man gleich das gegessen hätte, worauf man Appetit hatte. Also besser ein kleines Stück fetten Käse essen und zufrieden sein, als mageren Käse essen, der einem nicht schmeckt – und dann die dreifache Menge zu essen.
Schon vor meiner veganen Zeit habe ich auf Light-Produkte grundsätzlich verzichtet und fand die Verpackung von einfachen Salaten unter dem Weight Watcher Label schon immer daneben.
Schlank im Schlaf
Auch dieses Programm setzt ähnlich wie Metabolic Balance auf einen erhöhten Eiweissanteil in der Nahrung. Anders als Metabolic Balance setzt es beim Frühstück jedoch darauf, ausschliesslich Kohlehydrate zu sich zu nehmen. Dies können zum Beispiel zwei Brötchen mit Butter und Marmelade sein. Mittags gibt es Mischkost (z.B. Nudeln, Salat, Fleisch), abends dann wieder nur Eiweiss, also mageres Fleisch, Fisch, Geflügel plus Salat und Gemüse – ohne Sättigungsbeilagen. Snacks zwischendurch sind ebenfalls verboten. Das Programm teilt Frauen zudem in unterschiedliche Hormontypen ein, nachzulesen in dem Buch „Die Hormonformel“, wo man einen entsprechenden Test machen kann. Gerade der typisch weibliche Östrogentyp darf demnach mehr Kohlehydrate essen als z.B. der Testosterontyp, der grundsätzlich mehr auf Eiweiss (Fleisch oder vegetarisches Eiweiss auf Tofu) setzen sollte. Zu dieser Methode gibt es zahlreiche Bücher und Kochbücher, u.a. auch von Johann Lafers. Allerdings hat er selbst mit der Methode langfristig keinen Erfolg, wie man sieht.
Fazit:
Das Prinzip eignet sich durchaus als langfristiges Ernährungsprinzip, vor allem ist es sinnvoll, grundsätzlich abends auf Sättigungsbeilagen zu verzichten. Fragwürdig ist allerdings die hohe Kohlehydratzufuhr am Morgen. Gerade wenn man dabei auf Brot aus Weissmehl oder Croissants setzt, kann dies dauerhaft zu einer Gewichtszunahme führen. Ich habe die Methode ein halbes Jahr ausprobiert, dann aber wegen der vielen Kohlehydrate am Morgen wieder fallen gelassen. Stattdessen esse ich morgens eine Kombination aus Kohlehydraten und – heute – pflanzlichem Eiweiss, d.h. früher z.B. Vollkornbrötchen mit Marmelade und Quark, heute Vollkornbrötchen mit Marmelade und Sojaquark.