Die Problemlage: Das ständige Ringen mit der Figur
Nicht erst in der Lebensmitte stellt sich für die meisten von uns das Problem Gewicht und Abnehmen. Die meisten Frauen kämpfen ihr ganzes Leben mit den Pfunden und hangeln sich von einer Diät zur nächsten. Phasen des Erfolgs sind gepaart mit Misserfolg, Frust und Resignation. Nicht ohne Grund vermarkten sich Bücher zum Thema Abnehmen so gut. Kaum eine Ausgabe einer Frauenzeitschrift kommt ohne das Thema Diät aus, auch wenn Zeitschriften wie die „Brigitte“ seit einiger Zeit auf Models für ihre Modeseiten verzichten. Und doch findet man auch in der Brigitte die neusten Diättipps – neben den Seiten mit leckeren Rezepten, die nicht unbedingt diättauglich sind. „Diäten gehen immer, weil sie nicht gehen“, heisst das geflügelte Wort in den Redaktionen der Frauen-Magazine. Das Thema Abnehmen begleitet uns also auf Schritt und Tritt, ein Leben lang.
Perfektionsdruck
Gerade Frauen sind besonders empfänglich dafür, weil die meisten Frauen einen starken Hang zur Perfektion haben. Schlank und attraktiv zu sein, ist ein Anspruch, den jede Frau erfüllen möchte, gerade weil uns die Medien permanent mit entsprechenden Vorbildern versorgen. Denn schliesslich sind wir alle Konkurrentinnen auf dem Männermarkt. Selbst nach einer Schwangerschaft muss der Körper möglichst schnell wieder Idealmasse haben. Dass dies sehr wohl möglich ist, machen uns Heidi Klum, Madonna, die Prinzessinnen europäischer Adelshäuser und andere Stars und Sternchen vor. Allerdings sollten wir uns dabei den Unterschied zu den VIP-Damen aus Showbusiness und Hochadel bewusst machen: Wir haben in der Regel nicht fünf Stunden pro Tag Zeit, um uns ausschliesslich mit unserem Body zu beschäftigen, unterstützt von Personal Coaches, Stylisten und anderen guten Geistern, die sich um die Erledigung der banalen Alltagspflichten kümmern. Doch das Positive an der Phase der Lebensmitte ist, dass wir das Thema Familiengründung hinter uns gelassen haben und von daher die Sache nun entspannter und ohne Perfektionsdruck angehen können, es sei denn wir wollen Gianna Nanini nacheifern. Natürlich heisst das nicht, dass dies die Lizenz zum Sich-Gehen-Lassen sein sollte. Nach dem Motto: „Ist ja eh egal jetzt“, vielleicht weil wir entweder schon lange einen Partner haben, vom Partner verlassen wurden oder weil wir uns sagen, dass wir sowieso nie den Richtigen finden. Damit erliegen wir wieder dem Druck, für andere attraktiv sein zu müssen. Weg damit! Das Ziel für Frauen in der Lebensmitte sollte sein, sich selbst – endlich – wichtig zu nehmen und deshalb attraktiv und gepflegt sein, um ihrer selbst willen. In den Spiegel schauen und zu sich selbst sagen: „Ja, das bin ich! Und ich finde mich klasse, so wie ich bin.“
Persönlichkeit und Profil statt Sucht nach Anerkennung
Unser Vorteil: Wir sind keine Teenies und Twens mehr, die sich vor allem über ihr Aussehen definieren und primär von der Anerkennung und Bestätigung von aussen leben. Als gereifte Frau sind wir viel weniger abhängig von der Anerkennung unserer „äusseren Hülle“, denn wir haben genug Persönlichkeit und Lebenserfahrung, um in uns selbst zu ruhen. Und das strahlen wir aus. Deshalb können wir durchaus attraktiver sein als Zwanzigjährige, deren ganzes Streben danach trachtet, den Richtigen zu finden und sich den imaginären Bedürfnissen von Männern anzupassen, um ihnen zu gefallen. Dabei verhalten sich junge Mädchen oft linkisch, denn sie sind sich ihrer erotischen Power noch zu wenig bewusst und wissen oft nicht recht, was sie mit diesem weiblichen Körper anfangen sollen, den sie da quasi mitgeliefert bekommen haben. Als gereifte Frau haben wir den Vorteil, dass wir in unserem Körper angekommen sind und zu uns selbst zu stehen, vorausgesetzt wir lassen uns nicht von der Wechseljahresvermarktungs- und Anti-Aging-Industrie verrückt machen. Und den Bildern von perfekt schönen und jugendlichen Frauen um die 50, mit denen uns die Medien versorgen. Wir vergessen leicht, dass diese Bilder Fotoshop-retuschiert sind. Das kommt höchstens mal ans Licht, wenn es einem Fotografen gelingt, die eine oder andere Celebrity unvorbereitet oder in einem unbeobachteten Moment vor die Kamera zu bekommen. Schauen Sie sich solche Fotos unbedingt einmal im Internet an. Sie werden feststellen, dass auch vermeintlich perfekte Schönheiten mit Cellulite zu kämpfen haben und ungeschminkt genauso unspektakulär aussehen wie wir, wenn wir morgens ins Bad gehen.
Perfekte Frauen in den Medien
Doch tragen gerade die Medien dazu bei, dass wir uns immer wieder vergleichen mit anderen und uns selbst unter Druck setzen, auch so perfekt mit 50 aussehen zu müssen wie zum Beispiel Madonna oder … XYZ. Vergleichen bringt nichts, oder wie der Philosoph Sören Kierkegaard es so treffend formulierte: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“ Die Damen aus der Celebrity-Branche leben von der Vermarktung ihres Aussehens und investieren viel Zeit und Geld darin, denn ihr Aussehen ist ihr Kapital. Entsprechend ist ihr Aussehen das Produkt von stundenlangem täglichem Training unter der Aufsicht von Personal Coaches, Botox, chirurgischen Eingriffen, aufwändigen Sitzungen mit Stylisten – und permanentem Verzicht. Jede von uns würde wie ein Star aussehen mit einem solchen Aufwand. Aber wollen wir das? Und können wir uns das leisten? Wohl kaum. Deshalb müssen wir einen entspannteren Weg dazu finden, mit uns selbst zufrieden zu sein. Ein bisschen Anstrengung und ein bisschen Nachdenken braucht es aber schon. Doch das ist unsere Stärke, denn unsere Lebenserfahrung hat uns mit einem Blick fürs Machbare und Realistische ausgestattet.