Hat das schon mal jemand erwidert, als du dich vorgestellt hast? Wenn nicht, sei froh. Wenn doch: Was antwortest du darauf? Oder hast du selbst etwa schon einmal diesen Satz gebraucht?
Schon öfter ist es mir in letzter Zeit bei Anlässen passiert, dass Menschen, denen ich mich vorgestellt habe, dies mit dem unsäglich irritierenden Satz „Ich kann mir sowieso keine Namen merken.“ quittiert haben. Das mag ja ehrlich sein. Doch übertriebene Ehrlichkeit ist in der Kommunikation mit anderen fehl am Platz. Vor allem, wenn du diese Personen nicht schon sehr gut kennst. Alles, was du sagst, hat eine Wirkung. Du sagst damit etwas über dich selbst aus und über die Beziehung zum anderen. Was gibt man mit der Aussage preis „Ich kann mir sowieso keine Namen merken“? Wenn man diesen Satz sagt, ist das eine Bankrotterklärung an das eigene Gehirn. Die Botschaft auf dem Selbstaussageohr ist: „Ich habe zwar ein Gehirn, aber ich benutze es nicht permanent.“ Und die Beziehungsbotschaft ist: „Du bist mir egal. Deshalb versuche ich gar nicht erst, mir deinen Namen zu merken.“
Wenn du den oben genannten Satz sagst, dann sorgst du damit selbst dafür, dass das vorausgesagte Ereignis auch immer wieder eintritt. Und du steckst im Teufelskreis der Self-Fulfilling Prophecy. Wenn mir jemand diesen Satz sagt, bin ich deshalb immer versucht zu antworten: „Kein Wunder, wenn Sie das so sagen, dann werden Sie sich nie Namen merken können.“ Stattdessen bewahre ich natürlich die Contenance, lächle mild und denke mir meinen Teil. Schliesslich möchte ich mich bei einem Event gut unterhalten – und nicht andere belehren oder mich auf einen Schlagabtausch mit Personen einlassen, die mein Leben nur peripher tangieren.
Statt so etwas Deplatziertes zu sagen, ist es viel effektiver, den Namen des oder der anderen sofort zu wiederholen. So schenkst du deinem Gegenüber Anerkennung und kannst sich den Namen tatsächlich besser merken. Streiche also unbedingt diesen Satz aus deinem Repertoire.
Ebenfalls ein No-Go im Umgang mit Menschen und Namen ist das, was mir neulich bei einem Anlass passierte. Eine der Anwesenden sagte jedes Mal, wenn wir uns unterhielten, zu mir: „Sorry, ich nenne dich aus Versehen immer Maike.“ Auch hier war ich versucht, zu antworten: „Macht ja nix, dann nenne ich dich halt Heidi.“ Sie hiess Manuela, was ich mir innerhalb kürzester Zeit gemerkt hatte. Man muss es nur wollen, dann geht es! Es gab tatsächlich noch eine Maike bei dem Anlass. Aber ist das eine Entschuldigung, zumal keinerlei Ähnlichkeit zwischen uns besteht? Im Gegenteil, Maike hat kurze, dunkle Haare und ist eher ein bisschen vollschlank. Und auch hier muss man sagen: „Hey, wenn sie es selbst ständig wiederholt, dass sie einen fälschlicherweise Maike nennt, warum ändert sie das nicht, sondern zementiert es stattdessen?“ Und wie kommen Menschen überhaupt auf die Idee, es sei für die Kommunikation förderlich, wenn Sie einem all ihre Gedankengänge transparent machten? Würdest du einer Dame, mit der du ins Gespräch kommst, z.B. sagen, dass ihre sehr enge Hose ihr sehr breites Becken ausgesprochen ungünstig betont?
Man kann denken, was man will, aber man sollte sich überlegen, welche Wirkung Worte haben, bevor man einen anderen mit allzu viel Ehrlichkeit irritiert.
Und denke an den bekannten Spruch: „The sweetest sound in any language is one’s own name“. Deshalb werde ich nie verstehen, dass man mit Namen so schludrig umgeht, wie es heute gang und gäbe ist. Menschen korrekt mit ihrem Namen anzusprechen, ist eine Selbstverständlichkeit – und die einfachste Form, anderen Menschen Anerkennung zu schenken.
Meine Tipps:
1. Merke dir die Namen von Personen, die sich dir vorstellen bzw. mit denen du öfter Kontakt hast: Namen sofort wiederholen, mit Bildern verknüpfen und Eselsbrücken bauen.
2. Es gibt Dinge bei der Kommunikation, die man denken kann, aber niemals sagen sollte. Dazu gehören z.B. negative Aussagen über das Outfit oder das Auftreten anderer Personen. Allzu viel Ehrlichkeit ist fehl am Platz.
3. Es gibt Dinge, die sollte man nicht mal denken, geschweige denn sagen. Dazu gehören Sätze, mit denen man sich selbst in eine Self-Fulfilling-Prophecy-Endlosspirale befördert. Wie z.B. „Ich kann mir sowieso keine Namen merken.“