Kontern mit Humor
Nicht jeden Ball, den man dir zuspielt, musst du annehmen – und nicht jedem Ball musst du hinterherrennen. Oft ist es der Mühe nicht wert, z.B. wenn es sich um unsachliche, dumme Bemerkungen oder destruktive Kritik handelt. In solchen Situationen ist es hilfreich, sich quasi mental in eine Yoga-Haltung oder eine selbstsichere Haltung zu begeben. Tief durchatmen, lächeln und sich innerlich sagen: „Das ist nicht mein Problem.“ oder „Diesen Ball lasse ich ins Aus gehen.“ Tu einfach so, als hättest du die Bemerkung gar nicht gehört, und mach einfach weiter mit deinem Thema oder dem, was du gerade tust. Rechtfertige dich dafür nicht und gib keinerlei Erklärungen ab. Einen Schuh, der dir nicht passt, lässt du dir nicht aufzwingen. Du lässt ihn einfach stehen.
Ein ähnlich gutes Mittel, um Dinge an sich abprallen zu lassen, ist Humor. Schauen wir uns ein paar Beispiele für das Umleiten an. Umleiten deshalb, weil man wie in der asiatischen Kampfkunst, die Energie des Angriffs nutzt, aber in eine andere Richtung leitet und damit quasi das Negative neutralisiert.
Angriff:
„Mit diesem Bericht haben Sie sich sicher viel Mühe gegeben, aber ob das Resultat die Mühe wert ist?“
Deine Reaktion: Du hörst das Positive heraus und lenkst die Aussage damit in eine positive statt in eine negative Richtung. In diesem Fall gehst du auf die Worte „Mühe gegeben“ ein:
„Schön, dass Sie erkannt haben, dass ich diesen Bericht sehr sorgfältig erstellt habe.“
Eine andere Möglichkeit: Nimm aus der eigentlich blöden Bemerkung ein Wort heraus und benutze es dazu, ein völlig anderes Thema zu starten.
Angriff:
„Männer, die Teilzeit arbeiten, sind doch Weicheier.“
Du isolierst jetzt einfach das Wort „Weichei“ und stellst es in einen völlig anderen Zusammenhang.
Deine Reaktion:
„Ach, Sie mögen keine Eier? Ich persönlich gönne mir sonntags immer ein schönes weiches Ei zum Frühstück.“
oder:
„Genau, die Experten sind sich ja gar nicht einig, ob Eier wegen des Cholesterins schlecht sind.“
Natürlich funktioniert das nur: wenn du a) jemanden gut kennst – und das mit einem Augenzwinkern machst. Oder wenn du b) jemanden nicht kennst und dich auch nicht weiter mit ihm auseinander setzen willst.
Es gibt weitere effektive Reaktionen aus dem Bereich des Unlogischen. Tu einfach etwas, was dein Gegenüber nicht erwartet, denn damit kannst du dein Gegenüber zunächst verwirren und aus dem Konzept bringen – und gewinnst selbst Zeit zum Nachdenken. Dein Gegenüber erwartet, dass du auf seine Argumente eingehst, dich wehrst und rechtfertigst. Und den Gefallen tust du ihm/ihr nicht.
Wenn man es mit Leuten zu tun hat, die ein übersteigertes Selbstbewusstsein haben und sich selbst keine Schwächen eingestehen können, dann kann man genau das Gegenteil von dem tun, was sie erwarten – und dabei entspannt lächeln. Allerdings muss man vorsichtig sein, dass das Ganze nicht zu sarkastisch oder zickig wird.
Du kannst dich zum Beispiel – scheinbar – selbst angreifen
- Genau, Sie haben mich durchschaut.
- Gell, ich bin wirklich eine schwierige Gesprächspartnerin.
Humorvolle Reaktionen können allerdings auch provokativ wirken, wenn der andere das Gefühl hat, dass du ihn oder sie nicht ernst nimmst. Und Leute, die eigentlich selbst unsicher sind und deshalb permanent austeilen, haben ja genau dieses Problem. Sie haben Angst, nicht ernst genommen zu werden. Deshalb ist es im Zweifelsfall besser, sich eher über sich selbst lustig zu machen als über den anderen.
Ich erinnere mich daran, dass ich als Deutsche in der Schweiz öfter mal mit blöden Bemerkungen konfrontiert wurde, weil Deutsche in der Schweiz als arrogant und dominant gelten. Seitdem ich mich selbst gern über deutsche Eigenheiten lustig mache, passiert mir das nicht mehr.
Das Gleiche gilt auch für Auseinandersetzungen darüber, ob man eine gute Mutter ist, wenn man berufstätig ist, ob man schlank sein sollte, ob man Hotpants tragen sollte, wenn man aus dem Teenageralter raus ist, ob man raucht, schnelle Autos fährt, Fleisch essen oder ob man sich vegan ernähren sollte. Das sind alles sehr persönliche Entscheidungen, für die jede und jeder selbst verantwortlich ist und die jede/r für sich überlegt getroffen hat. Und auf irgendwelche blöden Kommentare, die auf diese Themen abzielen, sollte man mit Selbst-Ironie reagieren.
Da ich mich z. B. überwiegend vegan ernähre, werde ich sehr oft mit Vorurteilen konfrontiert bzw. Menschen geben mir tolle Ratschläge wie: „Veganer bekommen Mangelerscheinungen und landen im Krankenhaus.“ Oder „Veganismus ist ja die neue Religion für Gutmenschen.“ Dann sage ich entspannt: „Genau, ich bete Gemüse an.“ oder „Zum Glück fallen mir noch keine Zähne aus.“ Natürlich könnte man auch nachfragen: „Wie viele Veganer kennen Sie, die in der Klinik gelandet sind?“ Oder: „Die meisten Menschen, die in Krankenhäusern landen, sind eher Alles-Esser.“