Der Frühling bietet eine Fülle leuchtender Farben und betörender Düfte. Leider sind Düfte im Alltag nicht immer betörend, sondern manchmal eher betäubend.
Fall 1: Du sitzt im Zug und neben dir ein Mensch mit unangenehmen Ausdünstungen: Körpergeruch oder schweres Parfum. Du überlegst, ob du deinen Platz wechselst. Tatsächlich siehst du, dass eine Reihe weiter ein Platz frei ist. Aber du willst nicht unhöflich sein, denn was denkt die Person nebendir, wenn du einfach den Platz wechselst?
Fall 2: Du hast einen Kollegen, der ein netter Typ ist, jedoch hat er einen unangenehmen Körpergeruch. Der ganze Kollegenkreis spricht darüber und regt sich auf – aber nur, wenn der betreffende Kollege nicht dabei ist.
Fall 3: Du hast eine Kollegin, die du nicht besonders magst. Was dich zudem stört, ist ihr schweres Parfum, das so penetrant ist, dass dir morgens fast übel wird, wenn die Kollegin das Büro betritt.
Du kennst die Situationen? Wie reagiert man am besten? Nun, im ersten Fall ist die Sache klar. Deine persönliche Integrität ist wichtiger als das, was dir unbekannte Menschen denken mögen. Also wechsle den Platz und fertig.
Die zweite Situation ist schon heikler. Hier geht es um einen Menschen, dem du zum einen grundsätzlich wohl gesonnen bist und mit dem du zum anderen tagtäglich zu tun hast. In diesem Fall macht es Sinn, die Situation anzusprechen. Wichtig dabei ist, den Kollegen nicht in der Anwesenheit anderer damit zu konfrontieren, sondern in einem ruhigen und entspannten Moment. Bevor du den heiklen Punkt ansprichst, sage, dass du den Kollegen sehr schätzst und dass du gerade deshalb etwas Unangenehmes zur Sprache bringen möchten, weil es dir wichtig ist, ehrlich zu sein. Was man nicht tun sollte: im Namen anderer sprechen, also z.B. sagen: „Alle reden darüber, dass du so unangenehm riechst.“ Betone stattdessen, dass Geruchswahrnehmung etwas sehr Individuelles ist und dass du halt besonders geruchsempfindlich bist.
Tatsächlich ist es so, dass Menschen Gerüche sehr unterschiedlich wahrnehmen. Was dem einen buchstäblich stinkt, nimmt der andere nicht einmal wahr. Nicht ohne Grund sagt man ja auch: „Ich kann den nicht riechen.“ So kommt im dritten Fall wahrscheinlich die Antipathie gegenüber der Person mit der Antipathie gegenüber dem Geruch zusammen. Hier würde ich pragmatisch entscheiden, ob es mir die Mühe wert ist, mich mit dieser Kollegin auseinanderzusetzen oder ob ich einfach akzeptiere, dass ich sie im wahrsten Sinne des Wortes nicht riechen kann. Ich würde die zweite Variante wählen. Man kann auch mit Menschen zusammenarbeiten, die man nicht mag. Es hilft, wenn man andere Aspekte, die positiv besetzt sind, in den Vordergrund stellt, statt sich immer wieder über etwas aufzuregen, das man nicht ändern kann bzw. das in der persönlichen Integrität der anderen Person liegt. Die Entscheidung, welches Parfum man benutzt, ist eine rein persönliche. So kann man sich z.B. auf gemeinsame Ziele bei der Arbeit konzentrieren und den Rest ausblenden.
Klar ist: Man kann wegsehen, weghören – aber nicht wegriechen. Deshalb sind solche olfaktorisch herausfordernden Situationen besonders schwierig und verlangen nach einer Lösung.
Meine Tipps:
1. Geniesse die herrliche Vielfalt der Frühlingsdüfte.
2. Fasse dir ein Herz und sage – in wohl überlegten Worten – wenn es dir mal „stinkt“. In der Regel nehmen Menschen solche Hinweise von aussen gerne an, denn wer möchte schon anderen olfaktorisch auf die Nerven gehen?
3. Gehe ab und zu mal bewusst kurz vors Haus bzw. vor deine Wohnung an die frische Luft und achte beim Wiederreinkommen auf etwaige Gerüche. Wie würden andere diese wohl wahrnehmen?
4. Hole dir regelmässig Feedback dazu ein, ob im olfaktorischen Bereich bei dir alles im Lot ist. Frage dir vertraute Personen, von denen du weisst, dass sie ehrlich sind.