Sich wehren – statt petzen

Beim meinem 18-km-Jog heute ging mir die aktuelle Diskussion #me too durch den Kopf – und ein Fall, den ich gestern in den Medien gelesen habe. Eine 39-jährige Staatssekretärin sollte in Berlin eine Rede halten, wurde aber von einem Botschafter a.D. nicht als die Staatssekretärin erkannt. Als sie ihn aufklärte, quittierte er dies mit dem Kommentar: „Ich habe keine so junge Frau erwartet, und dann sind Sie auch noch so schön.“ Vermutlich hat der Mann damit relativ ehrlich das formuliert, was er in dem Moment gedacht hat. Die Staatssekratärin hat dies zunächst in ihrer Rede auch als Kompliment aufgenommen, sich im Nachhinein aber auf ihrer Facebook-Seite über diesen „Sexismus“ beklagt. Was wiederum im Netz eine Riesendiskussion darüber ausgelöst hat, ob das nicht einfach ein Kompliment war und kein Sexismus. Die Tatsache, dass die Frau palästinensischer Abstammung und bekennende Muslimin ist, machte das Niveau der Diskussion dann noch problematischer. Der Ex-Botschafter soll sich laut Medien inzwischen bei ihr entschuldigt haben.

Was man als sexistische Bemerkung und was als Kompliment empfindet, mag individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Es kommt immer auf die Situation an und auf die involvierten Personen. Doch grundsätzlich ist es besser, wenn man in der Situation selbst reagiert – statt im Nachhinein etwas auf Facebook zu posten. Bloss fällt einem natürlich in der Situation selbst oft keine spontane Antwort ein, wenn man sich emotional getroffen fühlt und entsprechend blockiert im Denken ist. Deshalb lohnt es sich in jedem Fall zu überlegen, was eine angemessene und schlagfertige Reaktion gewesen wäre. Das wappnet uns fürs nächste Mal.

In dem Beispiel offenbart der Mann in der Tat, dass er eine klischierte Vorstellung von Frauen in politischen Ämtern hat. Dieses Klischee könnte man ihm z.B. spiegeln und sagen:
Haben Sie eine alte hässliche Frau erwartet?“ oder
Ich freue mich, dass ich Ihr unzeitgemässes Frauenbild updaten konnte.“ oder
Ja genau, Kompetenz ist tatsächlich weder an Geschlecht noch an Alter oder Aussehen gebunden.“

Und nebenbei: Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen ihre Einstellung ändern, ist deutlich höher, wenn man mit ihnen im Dialog bleibt, statt sie an den medialen Pranger zu stellen. Es ist doch nicht grundsätzlich schlecht, wenn Menschen das sagen, was sie denken. Wir sollten mehr Lust an der Debatte entwickeln. So kann man drüber reden, sonst reagieren sich viele in Hasskommentaren ab und bestärken sich nur noch gegenseitig in ihren zementierten Meinungen in Echokammern.

Zurück zum Grundproblem: Wie können wir Frauen uns besser wehren, wenn wir uns diskriminiert fühlen oder mit dummen Sprüchen konfrontiert werden? Wir können uns einen Fundus von Situationen und guten Reaktionen anlegen. Und uns gegenseitig darin unterstützen, schlagfertige Reaktionen zu überlegen.

Also: sich wehren statt petzen! Schreib einen Kommentar.
Welchen blöden Spruch hast du gehört?
In welcher Situation würdest du gerne das nächste Mal souveräner reagieren?

 

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